Projekt- und Sozialkompetenz-Training
zur Förderung der Ausbildungsreife
an der Justus-von-Liebig-Schule in Mannheim

Im Berufsvorbereitungsjahr (BVJ) werden SchülerInnen, die noch ohne regulären Schulabschluss sind, mit berufspraktischem, projektbezogenen und Sozial-Kompetenz stärkendem Unterricht gefördert. Nach bestandener Projekt-Prüfung können sie ihren Hauptschulabschluss erwerben, der ihre Chancen, sich erfolgreich um einen Ausbildungsplatz zu bewerben, sicherlich erhöht.

Um die Ausbildung dann auch durchzuhalten und erfolgreich beenden zu können, benötigen Jugendliche Ausbildungsreife, d.h. persönliche Stabilität, Frustrationstoleranz, Durchhaltevermögen und berufsadäquate Sozialkompetenz, die sie zu Beginn und im Laufe ihres Berufsvorbereitungsjahres überwiegend noch nicht zeigen.

Dazu erhalten sie durch den in den Schulen inzwischen vereinheitlichten Projekt- und Sozialkompetenz-Unterricht mit abschließender Projekt-Prüfung pädagogische Förderung, die dazu beitragen soll, dass mehr Jugendliche AUsibldungsreife erlangen. Allerdings sehen sich viele Lehrer und Lehrerinnen in der anspruchsvollen Realisierung dieser Kombination von Fachpraxis, Projekt- und Sozialkompetenz bislang didaktisch wenig vorbereitet, unterstützt und begleitet.

Deshalb arbeiten wir an der Justus-von-Liebig-Schule seit inzwischen sechs Jahren mit einem situativen, handlungsforschenden Trainings-Ansatz, um herauszufinden, wie die bereits vorhandenen sozialen Kompetenzen dieser besonderen Schüler, die häufig in Problem-Familien (Arbeitslosigkeit, Migration, Gewalt, Drogen, Vernachlässigung) aufwachsen, sichtbar gemacht, gewürdigt und so genutzt werden können, dass ihr bestätigtes Können zu nachhaltiger Stabilisierung und Ausbildungsreife führen. Wir arbeiten dazu mit einem Kompetenz- und Selbst-Organisations-Konzept. D.h.: Wir setzen wie in der Erwachsenen-Bildung immer bei den Kompetenzen der Schüler an, was in Schulen eine eher unvertraute Praxis darstellt, an der Justus-von-Liebig-Schule jedoch ausdrücklich gefordert und gefördert wird.

Dieser Arbeitsansatz ermöglicht es den Schülern und Schülerinnen, von Anfang an selbständig ihr Projekt- und Sozialkompetenz-Training zu gestalten. Zwei Lehrer arbeiten dazu im Team, um die selbst organisierenden Projekt-Aktivitäten von zwei allmählich immer verbindlicher arbeitenden Schüler-Teams angemessen begleiten und unterstützen zu können.

Im Laufe dieser sechs Jahre sorgfältiger Prozessarbeit und Selbsterforschung haben wir festgestellt, dass die Lehrer in diesen Trainings nicht als Lehrer gefragt sind, sondern als kooperierende und lehrende Trainer, Berater und Forscher, als fragende, suchende und begleitende Personen. Wir sehen von Defizit-Diagnosen und Förderplänen ab, um das Defizit-Erleben unserer Schüler nicht noch weiter zu zementieren und um ihre häufig sehr stark wahrgenommene Perspektiv- und Chancenlosigkeit nicht immer wieder aufs Neue zu bestätigen.

Dazu organisieren wir von Anfang an einen möglichst berufsbezogenen Rahmen für unser Training. Mit Auftrag des Abteilungsleiters begleitet das Lehrer-Team ein ganzjähriges Projekt- und Sozial-Kompetenz-Training einer Klasse in zwei Unterrichtsstunden pro Woche. Am Ende des Jahres gestalten zwei stabile SchülerInnen-Teams mit ihren eigenen Projekt- Ideen, Ablauf-Plänen und Präsentationsvorschlägen selbständig und verantwortlich ihre Prüfungswoche.

Zur Präsentation sind dann vom Abteilungsleiter bis zu den Fachlehrern und Trainern alle relevanten Personen anwesend, um die Leistungen abschließend würdigen und einschätzen zu können. Auffallend sind Unterschiede zu sonstigen Projektprüfungen, die von anderen beteiligten LehrerInnen auch aus der Fachpraxis festgestellt werden:
deutliche handwerkliche, soziale und intellektuelle Leistungssteigerungen, deutliches INteresse für ihre Stadt, Politik, Kultur, Sport und darüber hinaus: z.B. im letzten Jahr Projekt-Arbeiten zu Wahrzeichen der Stadt Mannheim (Geschichte zum Bau von Schloss und Wasserturm), in diesem Jahr Projektideen zu Erdbeben in Japan, Atomkatastrophe in Fukushima und die Idee, ein Erdbebenmodell zu bauen...

Mein Anteil an dieser Kooperation besteht seit sechs Jahren in der Konzeption und Begleitung dieser auch für die Schüler gruppendynamisch sehr anspruchsvollen Trainings-Prozesse. Als Supervisorin und Trainerin für Situationsdynamik bin ich zur Beratung und Begleitung Erwachsener ausgebildet. Jedoch suchte ich aufgrund meines Interesses für diese Schüler und SChülerinnen (am Ende der Bildungs-Skala, ohne Lobby) die Kooperation mit einer interessiertenm Schule und ihrem Kollegium, um gemeinsam zu erproben, ob meine situationsdynamischen, systemischen, handlungsforschenden Ideen auch ein nützlicher Ansatz gerade für diese Schüler sein könnten.

Es zeigte sich rasch, dass mein Arbeitsansatz sowohl für die Schüler als auch für die Lehrer Entwicklungsmöglichkeiten bot. Von den beteiligten Lehrern konnte ich während der ersten drei Jahre viel über die pädagogische Arbeit mit Jugendlichen lernen. Die Lehrer entwickelten in meiner Begleitung eine stark variierte Lehr-Funktion und Arbeitsweise. Die Schüler ließen sich auf die Trainings-Arbeit nach anfänglicher Skepsis erstaunlich neugierig, wissbegierig und experimentierfreudig ein.

In dieser Kooperation entstand zunächst ein Team-Trainings-Konzept, das wir vier Jahre lang praktizierten und vertieften, bis daraus das stärker leistungs- und produktorientierte Projekt- und Sozialkompetenz-Training entwickelt werden konnte.

Seit nun drei Jahren bilde ich im Auftrag der Justus-von-Liebig-Schule zwei Lehrer zu Kooperations-Trainern aus, während einige weitere KollegInnen die engere Kooperation mit diesen suchen, um auch ihren PSK-Unterricht mit unseren Ideen zu gestalten und noch stärker mit Schüler-Verantwortung und Selbständigkeit zugunsten wachsender Kooperations- und Leistungsfähigkeit anzureichern. Da sich diese Trainer-Arbeit und Ausbildung auf allen organisationalen Ebenen permanent auf Kooperation in all ihren Facetten und Möglichkeiten konzentiert, haben wir die Bezeichnung "Kooperations-Trainer" gewählt.

Auch im größeren kollegialen Rahmen der LehrerInnen gibt es seit drei Jahren Gespräche,
zu denen ich (von den sich auch hier selbst organisierenden Lehrern) als Moderatorin und fachkompetente Trainerin eingeladen werde. Hier schildern die Lehrer und Lehrerinnen, die an unserem Konzept interessiert sind und/oder bereits damit arbeiten, ihre Erfahrungen aus dem vergangenenm Schuljahr. Sie entwickeln weitere Ideen, diskutieren inhaltliche Veränderungen und verabreden sich auch zur Fortsetzung bewährter Kooperationen oder zu neuen kollegialen Konstellationen der Zusammenarbeit in PSK-Trainings oder im bewährten PSK-Unterricht.

Das Selbstorganisationsprinzip hat sich also auch auf der kollegialen Lehrer-Ebene (nur möglich ohne verpflichtenden Charakter) installiert, was wir auch der behutsamen Begleitung und Unterstützung durch den Abteilungsleiter des Bereichs Berufs-Orientierung zu verdanken haben.

Der Kompetenzansatz des PSK-Trainings

• Das beobachtete Potential der Schüler und Schülerinnen stärken: Verhalten wird erprobt, auf Erfolg überprüft und kann auch bestätigt werden. Wenn dann ein bestimmtes Verhalten "gar nicht geht", kann das kritische Feedback, das oft auch von den Schülern geäußert wird, viel eher akzeptiert und genutzt werden. So werden zugleich Selbstvertrauen und Frustrationstoleranz gestärkt

Mit der Wirklichkeit der Klasse arbeiten: D.h. AUCH mit sozialen restriktiven Tabus der Klasse (z.B. wer sich entschuldigt, verliert das Gesicht!) sowohl wohlwollend als auch kritisch leben: verständnisvolle bis konfrontierende Fragen, Schilderung unserer Beobachtungen, Feedback, das sowohl Verhalten bestätigt als auch in Frage stellt

Mit der beobachteten Verteidigung und Abwehr der Schüler arbeiten: deren vertraute Verhaltensweisen nicht verurteilen, sondern prüfend in Frage stellen, Alternativen anbieten, andere Möglichkeiten empfehlen und ausprobieren lassen

Fördern und Fordern: vorsichtiges, aber gezieltes Herantasten an Grenzen im kognitiven und emotionalen Bereich, Erweiterung dieser Grenzen und des bisherigen Verhaltensspektrums durch Feedback im persönlichen und im Bereich der beobachteten Kooperationen, Übungen zur Steigerung von Rollenflexibilität, allmählich wachsende Anforderungen an Qualität der Teamarbeit, Ausführung von Arbeitsaufträgen, Komplexität der Projekt-Ideen und Umsetzung der von den Schülern geplaten Arbeitsabläufe
Fordernd wirken sich vor allem Verbindlichkeit und Selbständigkeit der Team- Zusammenarbeit aus sowie regelmäßige Kontrolle der Auftragserfüllung, Würdigung und Bewertung der in den Teams geleisteten Projekt-Arbeit. Wir arbeiten sowohl mit Selbstbewertung seitens der Schüler (häufig durchaus angemessen) als auch mit Bewertung durch die Trainer sowie sorgfältiger sachlicher und fachlicher Begründung jeglicher Bewertung.

Schützen: Selbstkonzepte können durch intensivere Selbsterfahrung im Training verunsichert werden. Verhaltensverunsicherungen müssen von allen Beteiligten, auch von den Trainern(!) ertragen und kompensiert werden.
Dieses Sich-Selbst-Erproben in unvertrauten Situationen setzt voraus, dass Angst überwunden und Risikobereitschaft und Vertrauen enwickelt werden können. Insofern verstehen wir das PSK-Training immer auch als geschützten, straf- und urteilsfreien Entwicklungsraum für die Schüler und Schülerinnen.
Deshalb sind die Trainer gefordert, umso sorgfältiger bei der Bewertung von Engagement, Kooperation und Produktleistung von SchülerInnen vorzugehen

Annäherung an und Vergleichbarkeit mit beruflichen Situationen: Was würde ein Schreiner-Meister im Betrieb zu diesem Produkt sagen? Wäre Euer Chef zufrieden, wenn Ihr abends mit diesem Ergebnis von der Baustelle kommt? Was erwartet ein Chef von Auszubildenden? WAs würde ein Chef im Betrieb zu Eurer Kooperation jetzt sagen?
So können Fragen lauten, die im reflektierenden Gespräch zwischen Trainern und Schüler-Teams regelmäßig gestellt werden. Die Jugendlichen lernen so, ihre Leistungen selbst angemessen ein- und wertzuschätzen und korrigieren sich auch gegenseitig.

Auch berufliche Zukunftsvorstellungen und Zukunftsängste sowie eigene Erfahrungen in Betriebspraktika während des Schuljahres sind immer wieder Thema. Dazu gehören auch Fragen nach Toleranz, das Miteinander unterschiedlicher Kulturen, der respektvolle Umgang mit religiösen und anderen Verschiedenheiten, Verstehen von betrieblichen Wirklichkeiten... mit ihren Hierarchien, Abteilungen, Vorgesetzten und nachgeordnenten Mitarbeitern, Akzeptanz unterschiedlicher politischer Ansichten, Verantwortung als heranwachsende Bürger und Bürgerinnen dieser Gesellschaft... (z.B.: wenn man schwarz arbeitet, ist man nicht nur nicht versichert, sondern zahlt auch keine Steuern, was aus Sicht der Schüler nicht okay ist!)

Zwar kreisen die Gespräche immer um berufliche Kontexte, beziehen dabei aber auch Lebensthemen ein, die von den SchülerInnen im Kontext der aktuellen Situation aufgeworfen werden. Manche Team-Arbeitsphase fällt aus, wenn ein Thema wirklich bewegend für die Schüler ist. Sind sie wirklich intensiv im Gespräch miteinander, üben sie zugleich angemessenes Kommunikationsverhalten wie Zuhören, aufeinander Bezug nehmen, abweichende Meinungen respektvoll vertreten, ohne eigens dazu aufgefordert werden zu müssen.
Sprachliches Ausdrucksvermögen und ein angemessener Umgangston stellen sich dann immer häufiger wie von selbst ein.


Unsere Erfahrung zeigt, dass ein gutes Beispiel, das die Schüler selbst gestaltet haben, anscheinend stärker zur Nachahmung einlädt als jede noch so gut gemeinte Regelvereinbarung oder wiederholte Erklärung, was gute Kommunikation ausmacht und wie man sie herstellt.

Hierzu eine abschließende Schüler-Aussage zu der Frage, inwiefern sich das eben erlebte Kletter-Training (Intensiv-Kooperations-Übung) und das Training im Team-Raum der Schule unterscheiden. Wir erwarteten, dass das Kletter-Training vergleichsweise schwieriger erlebt worden war. Die meisten waren noch nie zuvor geklettert, schon gar nicht mit Kletter-Trainern in einer Profi-Halle. Der Schüler sagte: Das Training in der Schule ist heftiger, denn da gibt es keine Zeit zum Aufwärmen. Da ist alles immer gleich Ernst. Was man da gemacht oder gesagt hat, gilt! Damit muss man dann klarkommen, mit sich selbst und den anderen...

Christiane Schmidt
Trainerin für Situationsdynamik (DGSD e.V.)

 
 
Veranstalter Beratungspraxis Christiane Schmidt
Supervisorin (SD), Trainerin (SD)
T 2/ 12, 68161 Mannheim
Tel. und Fax: 0621/ 2 99 99 20
Christiane-Schmidt@onlinehome.de
http.//www.Christiane-Schmidt.de
angesprochen sind Lehrer und Lehrerinnen an berufsbildenden Schulen, Förderschulen, Hauptschulen
zur weiteren Information Nutzen und Kosten des Projekt- und Sozialkompetenz-Trainings
Kooperations-Trainer-Ausbildung für LehrerInnen
Bitte beachten Sie zu kostenlosen Informationsgesprächen stehe ich Ihnen als Leitung des aktuellen Trainer-Lernsystems
gern zur Verfügung! Rufen Sie zwecks Terminvereinbarung bitte die Beratungspraxis Christiane Schmidt an.